Reggae, Rum und Rastafari – Weihnachten in Treasure Beach/Jamaika

Kokosnuss im Marblue

„Sollen wir Weihnachten nicht mal in der Sonne ausprobieren“? Diese Frage stellten wir uns nach dem letzten Skiurlaub, den wir an überfüllten, vereisten Kunstschneeschneisen verbracht hatten. Ja klar, warum nicht? Noch nie gemacht, aber einen Versuch ist das doch alle mal wert. Also das Internet durchforstet, wo es im Winter schön ist, es einen Direktflug und eine bezahlbare Unterkunft gibt. Dank Airbnb haben wir dann schließlich ein Haus mit Pool direkt am Strand gefunden. Und das ganze Paket auf Jamaica. Aber nicht in irgendeiner Touristenecke, sondern in einem eher unerschlossenem Gebiet an der Südwestküste – Treasure Beach. In der Airbnb Beschreibung stand in Englisch die Hausbeschreibung und nachdem mit jeder Zeile meine Begeisterung wuchs gab der letzte Satz den entscheidenden Hinweis: Life motto: „Jede Jeck is anders“. Hey, wie kann das denn sein? Andrea und Axel sind vor 15 Jahren aus Köln ausgewandert und vermieten nun Ferienunterkünfte. Und so sitze ich jetzt unter Palmen am Pool, kann keine 20 Meter entfernt das traumhafte Meer sehen und hören und muss einfach mal aufschreiben, was wir hier schon alles erlebt haben.

Am Flughafen wurden wir von Kenny abgeholt. Den Transfer hatte ich vorher gebucht. (Sehr zu empfehlen: Treasure Tours) Zum Glück. Die Strecke führte 2,5 Stunden durch die nachtschwarze Dunkelheit über Straßen, die wir nicht unbedingt als solche bezeichnen würden. Wer sich in Deutschland über schlechte Straßenbeläge beschwert sollte mal eine kleine Tour durch Jamaika machen. Mehr Schlaglöcher als Belag, so daß ein Zickzack/Gas/Bremse Parcours angesagt ist. Ständig laufen am Straßenrand Typen herum um deren Leben ich gefürchtet habe oder es steht mal eben eine Kuh oder eine Ziege auf der Straße. Und das auch noch mit Linksverkehr. Das fröhliche Hupen ertönt vor jeder Kurve oder bei jedem Bekannten, den man am Wegesrand sieht. Und das sind viele. Vor allem hier in Treasure Beach. Zu Treasure Beach gehören drei kleine Küstenabschnitte und eine Hauptstraße. Es gibt ein paar kleine Läden wo man gut einkaufen kann, wenn man Konserven mag. Groß ist nur die Auswahl an den verschiedenen Bier und Rum Sorten. Ansonsten muss man für die Selbstversorgung kreativ werden und die richtigen Leute kennen. Dank Andrea und Axel können wir dann auf Anruf Kevin bestellen, der mit seinem Kombi vorbei kommt wenn man Obst oder Gemüse kaufen will. Hinten an die geöffnete Heckklappe hängt er seine Waage und dann kannst du dich aus seinen Säcken mit Mangos, Papayas, Bananen, Süßkartoffeln, Zwiebeln u.v.m. bedienen. Weil er sich ein bißchen in unsere Tochter Nell verliebt hat kommt er auch gerne mal einfach so mit zwei Mangos vorbei. Und da der Weg zum Laden zwar nicht weit, der Kasten Bier aber so schwer ist, fährt er uns auch da mal kurz hin. Wer weiß, wozu es gut ist.

Die Türen stehen hier Tag und Nacht auf. Eine Klingel gibt es keine, dafür hat man ja seine geliebte Hupe. Von der viel diskutierten Kriminalität auf Jamaica ist hier nichts zu spüren. Im Gegenteil: ich kann mich nicht erinnern, schon jemals so freundlich und relaxt als Gäste in eine fremde Kultur einverleibt worden zu sein wie hier. All die coolen Rastatypen begrüßen dich mit „Hey man, wah yuh ah duh?“ „Respect, respect“. Und immer wieder: „jah man“. Dieses Yah man, hört sich ein bißchen wie „ja, Mann“ an, heißt hier aber alles: Ja ok, alles klar, schön, dich zu sehen, Tschüß – ziemlich universell einsetzbar. Wird auch gerne zwei, drei mal hintereinander gesagt. Und das in dieser völlig entspannten, swingenden Tonlage, bei der der Puls schon automatisch herunterfährt und ein entspanntes Schmunzeln auf das Gesicht zaubert. One love – Jah man.

Unser Haus ist ein Traum. Wir leben nur draußen. Die Open Air Küche grenzt direkt an die Terasse mit Pool, von da aus gibt es einen kleinen Weg, der unmittelbar an den Strand führt. Bei uns vor der Tür ist es ein bisschen steinig, daher gehen wir zum Schwimmen ein paar Minuten weiter. Das Wasser ist herrlich angenehm, es gibt immer ein paar Wellen, aber selbst die sind entspannt hier. Gerade richtig zum Herumtollen. Unser Haushund Mousy begleitet uns bei allen Aktivitäten und liebt es, in die Wellen zu springen und sich dann im Sand zu wälzen. Und wir (das sind übrigens unsere Kinder Fee, Ole und Nell sowie Ole’s Freundin Eva. Sie hat sich leider am Tag vor unserem Flug den Knöchel verletzt und ist etwas immobil) verbringen die Zeit am Meer, am Pool, der Gärtner holt uns die Kokosnüsse von den Palmen, wir erkunden die Nachbarschaft und die Nachbarbuchten, lernen Gott und die Welt kennen. Mal macht man einen Stop im Jack’s Sprat, ein Restaurant, das jeder in Treasure Bech kennt, um zum Sundowner einen Rumpunsch zu trinken und genießen aus vollen Zügen diese Sonne, die man in Deutschland schon so lange nicht mehr gesehen hat. Die warme Luft legt sich hier mit dem immer leichten Wind wie ein kuscheliges Handtuch um einen herum. Und die Sonnenuntergänge sind einfach atemberaubend, fantastisch, mit die Schönsten, die ich jemals gesehen habe. Wenn dann noch ein Pelikan über unsere Köpfe in dem rotorangen Himmel segelt fühlt sich das irgendwie unwirklich an. Und dafür brauchen wir uns nicht mal von unserem Haus wegzubewegen.

Es sei denn, man macht einen Ausflug. Gleich in den ersten Tagen waren wir in Floyd’s Pelican Bar. Eine Bar mitten im Meer, auf einer Sandbank davor tummeln sich die Pelikane und man hat natürlich wieder mal einen super Blick. Ein Rastaman bietet dir an für ein Tipp deinen Namen in die´Holzdielen zu stechen, was wir gerne gemacht haben. Kohlmann’s Castle  gibt es jetzt auch in der Karibik. Die Überfahrt zur Bar macht u.a. Captain Joseph. Ein großer, kräftiger Kerl mit Bierbauch („ein Chef muss einen Bauch haben“) und so dicken Lippen, das seine Unterlippe schon sein Kinn berührt. Vor allem wenn er lacht. Und das tut er gerne und am liebsten laut und herzlich. Ein köstlicher Typ. Und außerdem nützlich, denn wenn man gut mit ihm kann fährt er mit seinem Boot raus und besorgt Hummer. Das hat er für uns gemacht und unser Hausherr Axel, der hier jahrelang ein Top Restaurant betrieben hat, hat für uns gekocht. So lecker! Frischen Hummer mit Rice and Beans und Blumenkohlcurry. So macht Leben Spaß. Morgen (also bis ihr dann alle lest ist es mit Zeitverschiebung eher heute) machen wir eine Tagestour mit Joseph zu einem Strand, an dem er für uns Fisch und andere Leckereien (ist noch geheim) für uns grillen will. So hat mein Mann seinen Geburtstag auch noch nicht gefeiert – wir sind gespannt, was wir am 2. Weihnachtsfeiertag so alles erleben werden.

 

Vorgestern waren wir bei den YS Falls, wunderschöne Wasserfälle im Landesinneren, wo uns Kenny wieder hingefahren hat. Zum Glück waren wir früh unterwegs und hatten die Landschaft praktisch für uns. Einfach herrlich – kristallklares, türkisgrünes Wasser, Lianen, an denen man sich in den nächsten Pool schwingen konnte und ein Guide, der uns unbedingt in allen Lebenslagen mit den besten Hintergründen fotografieren wollte. D.h., genauer gesagt, die jungen Mädels. Kann man ja verstehen…

Auf dem Rückweg haben wir dann in Black River, einem kleinen Städtchen, vesucht einzukaufen. Markt mit Gemüse und Obst ging klar, aber Fleisch einzukaufen ist schier unmöglich. Es gibt zwar eine Meat Hall auf dem Markt, aber da liegen nur halbe Rinder oder undefinierbares Zeug aus der Kuh oder der Ziege. Nichts, was man gerne auf den Grill schmeißen möchte. Das Einzige, was wir bekommen, ist Hühnchen. Na gut, dann eben ein paar Pakete Hühnerbrust. Hier in Treasure Beach gibt es nicht mal das im Laden. Und Eier auch nur, wenn das Huhn gute Laune hat, was scheinbar nicht so oft der Fall ist. Wie gesagt, für das Einkaufen und Kochen ist Kreativität gefragt. Aber heute waren wir ausser Haus frühstücken, in Smurf’s Café. Eine kleine Kaschemme, in der es leckere Omelettes und das traditionelle, jamaikanische Frühstück: Salt Fish mit Zwiebeln und Tomaten, kleine Teigbällchen und Kochbanane gibt. Habe ich probiert, war ok, aber sicher nicht das, was ich jetzt jeden Morgen gerne zu mir nehmen möchte. Erinnert eher an ein Katerfrühstück, was nicht ganz fehl am Platze war.

Denn gestern war ja Heiligabend. Und das wird hier gefeiert. Und zwar richtig! Es hieß, alle treffen sich auf dem Dorfplatz, es gibt Musik und was zu Essen. Das Essen haben wir nachmittags schon mal probiert. Die Suppe hier ist sehr gewöhnungsbedürftig: Manish Water, eine Suppe aus gerösteter Rinderspeckschwarte und Gemüse. Die Schwarte schwimmt auch mehr oder weniger kleingeschnibbelt mittendrin. Ich find das echt fies, aber Captain Joseph meint in seinen paar Brocken Deutsch: „Is gut für Schwanz, ha ha ha“. Na ok, dann soll er mal.

Aber dafür war die Musik großartig. Ein Live Auftritt nach dem anderen. Und so klasse: viele Weihnachtslieder im Reggae Style. Es ging los mit „Silent Night, holy Night“ und alle singen voller Inbrunst mit. Es wurde getanzt, gerappt, gesungen, gelacht und einfach richtig gefeiert. Für mich fühlte sich das eher nach Karneval denn nach Heiligabend an, aber wir haben uns köstlich amüsiert und wurden einfach überall herzlich willkommen geheißen. Nach einer Woche kennen wir auch schon so viele hier: den jecken Rastatypen, der nicht weit von uns am Strand lebt („they call me Blowser“), Jason, Captain Joseph, Shawn, den Lifeguard vom Jack Sprat, unseren netten Hausboy Ayschar und jede Menge andere witztige Typen. Inzwischen hupt es auch schon oft wenn wir über die Straßen gehen. Vor allem Nell hat das Talent, alle Menschen anzuquatschen und schnell Freunde zu finden.

Um Mitternacht wurde rückwärts gezählt und bei Null erstrahlte der große Baum auf der Plaza in einem bunten Lichterglanz und alle fielen sich mit einem „Merry Chrismas“ in die Arme. Ob man sich kennt oder nicht. Eine dicke dunkle Mummy hat mich an ihren großen Busen gedrückt, mit mir ein paar Takte getanzt und ist dann mit einem Strahlen zum nächsten gewandert. Ein alter Mann schnappte sich Evas Krücke und wirbelte Sie gekonnt wie in einer Parade durch New Orleans durch die Gegend. Jeder strahlt, lacht und tanzt. Was vielleicht auch an der Ganja Wolke lag, die über der ganzen Platz waberte. Ganja = Gras, was man hier an jeder Ecke angeboten bekommt. Heute beim Frühstück hingen schon ein paar Typen vor der Kneipe, die Gras rauchten.  „Wanna smoke?“ ist hier die erste Frage. Jah man, jah man. Kein Wunder, dass die alle so entspannt sind.

Aber ob mit oder ohne, das Leben hier ist bunt, auch die Häuser (womit wir beim Thema wären), fröhlich, lustig, voller Reggae Musik an jeder Ecke und wir finden es einfach nur super in Treasure Beach und bedanken uns bei Axel und Andreas für ihre herzliche Gastfreundschaft und kommen bestimmt nochmal wieder.

So, jetzt habe ich aber wirklich genug geschrieben. Mein Mann hat den Grill für einen Mittagssnack angeworfen und es gibt, wer hätte es gedacht, Chicken in der jamaikanischen Jerk Sauce mariniert.

Vielen Dank an alle, die diesen ungewöhnlichen Beitrag bis zum Enden durchgehalten haben! Das nächste Mal kommt wieder was vom Fach, versprochen! Fast eine Woche haben wir noch in dem kleinen Paradies bevor wir wieder in dem deutschen Winter landen. Wer sich für Jamaika und Treasure Beach interessiert und gerne fern ab vom Massentourismus etwas erleben möchte: hier die Adresse von Andrea und Axel und unsere Marblue Villa Ziemlich sicher mögen Individualisten diese wunderschöne Unterkunft und genießen dieses tolle Land. Jamaika ist auf jeden Fall mehr als eine geplatzte Koalition, vielleicht kann man sich hier auch was abschauen von dem offenen, unvoreingenommenem Leben der Menschen hier.  Yah man!

Ich wünche auf jeden Fall noch einen schönen Feiertag und allen meinem tollen Bloglesern ein farbenfrohes, gesundes und glückliches 2018. Ich freue mich, auch nächstes Jahr wieder viele nette, spannende und inspierierende Gespräche, Aufträge, Workshops und Anfragen mit Ihnen zusammen zu erleben. Ich bin sehr glücklich, dass so viele Menschen meinen Blog lesen und mir immer wieder sagen, wie inspirierend sie ihn finden und meine vorgestellten Ideen so begeistert aufnehmen. Ganz, ganz herzlichen Dank dafür und die allerbesten Grüße,

Ihre Ursula Kohlmann

Update 31.12.2018 – ein Jahr später sind wir wieder an der gleichen Stelle und ich hatte Lust zu schreiben: What ever floats your boat!

 

 

 

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